Nichtlineare Dynamik
Viele Phänomene in der Natur lassen sich durch nichtlineare partielle
Differentialgleichungen beschreiben. So beschreiben die Einsteinschen Gleichungen
die relativistische Bewegung unseres Universums oder die Navier-Stokes-Gleichungen
die Strömung einer Flüssigkeit. Die Zustände dieser Systeme
können als Punkte in einem unendlichdimensionalen Zustands- oder Phasenraum
interpretiert werden. Die zeitliche Entwicklung des Systems beschreibt
eine Kurve in diesem unendlichdimensionalen Phasenraum. Um das Verhalten
des zugrundeliegenden physikalischen, biologischen oder ökonomischen
Systems zu verstehen, muß die Bewegung im unendlichdimensionalen
Phasenraum analysiert werden.
Wir interessieren uns für Situationen bei denen sich durch Verändern
eines Parameters das Verhalten der Systeme ändert. Diese Veränderungen
erfolgen meist auf universelle Weise. Eine typische Situation ist wie folgt.
Eine zeitunabhängige Lösung wird instabil. Die Nichtlinearität
verhindert das unbegrenzte Anwachsen der Störungen und erzwingt die
Existenz einer neuen stabilen Lösung. Wir sagen, eine neue Lösung
verzweigt. So entstehen bei der Strömung zwischen rotierenden Zylindern
und der Strömung zwischen beheizten Platten räumlich periodische
Muster, die durch eine solche Verzweigung aus einer instabilen Grundströmung
hervorgehen. Beide Systeme können auf das gleiche eindimensionale
System
reduziert werden, d.h. obwohl es sich um vollkommen verschiedene physikalische
Systeme handelt, zeigen beide das gleiche universelle Verhalten, nämlich
eine sogenannte Pitchfork-Bifurkation (Mistgabel-Verzweigung).
Da beide Systeme Experimente für kompliziertere physikalische
Phänomene (z.B. Teilaspekte von Klima- und Wettermodellen) sind, tritt
dieses universelle Verhalten nicht nur im Labor, sondern auch in der Natur
auf.
Wir interessieren uns für die Dynamik solcher Systeme auf großen
oder unbeschränkten Gebieten. Dies ist bei musterbildenden Prozessen
der relevante Fall, da die Wellenlänge der nahezu periodischen Muster
im allgemeinen viel kleiner ist als die Abmessungen des physikalischen
Systems (z.B. Sandrippen (Abstand 10cm) an einem Strand (Länge ca.
500 m)). Hier ist eine solche endlichdimensionale Reduktion nicht möglich
und das reduzierte System bleibt unendlichdimensional. Trotzdem zeigen
solche Systeme wieder ein universelles Verzweigungsverhalten. In vielen
Situation kann dieses durch die Ginzburg-Landau-Gleichung
beschrieben werden. In unserer Gruppe geht es unter anderem darum, diesen
zunächst nur formalen Zusammenhang näher auszuleuchten und mathematisch
zu beschreiben.